Katharina Riethmüller ist Lehrerin für Mathematik und Chemie am Wilhelm-Hittorf-Gymnasium in Münster. Seit 2017 testet ihre Schule als Teil des nationalen Excellence-Schulnetzwerks MINT-EC die HPI Schul-Cloud im Unterricht. Wie die Digitalisierung den Schulunterricht verändert, erzählt sie im Interview.
Frau Riethmüller, wir führen dieses Interview in einem Klassenzimmer, mit Mikrofon, Laptop und Smartphone. Nutzen Sie solche Geräte auch im Schulunterricht?
Ja, das Mikro weniger, das bietet sich in Mathe und Chemie nicht so gut an. Aber mit Laptop und Smartphone arbeite ich relativ viel, ja.
Wie läuft das ab?
Das Smartphone zum Beispiel nutzen die Schüler sehr häufig in der Oberstufe. Aktuell arbeite ich mit der HPI Schul-Cloud in meinem Chemieleistungskurs. Die Schüler können dann die Materialien direkt über das Smartphone abrufen. Da geht’s dann meistens darum, Aufgaben und Arbeitsaufträge einzusehen.
Aber mit Smartphones und Tablets sind sie doch in der Freizeit genug beschäftigt?
In ihrer Freizeit sind sie starr auf Filme, Serien gucken und Spiele spielen fokussiert. Die vielen anderen Sachen, die man können muss, werden nicht beachtet. Deswegen wollen wir den Fokus ein bisschen verschieben.
Welche anderen Sachen sind das?
Also ganz simpel, so etwas wie eine Exceltabelle oder ein Schreibprogramm vernünftig bedienen zu können. Dahinter stehen erste Ideen fürs Programmieren. Und das halte ich für ganz wichtig. Wenn die Schüler z.B. einen Film drehen sollen, fuchsen sie sich ganz schnell ein. Aber die Sachen, die ein bisschen trockener sind, machen sie nicht so gerne. Ich denke, das ist ein Teil, den Schule leisten muss.
Was sind die Schwierigkeiten dabei?
Das woran es krankt, ist die Ausstattung. Es ist schwer, an Geräte zu kommen, vor allem an einen Klassensatz. Durch die ganze Welle, die jetzt um die Digitalisierung gemacht wird, hätten wir die Chance, zum Beispiel ganz niederschwellig eine Datentabelle aufzunehmen, was wir in den Naturwissenschaften ständig machen, um diese dann mit Excel zu bearbeiten. Aber wenn ich dafür erst in den Rechnerraum gehen und den Rechner hochfahren muss, geht das von meiner Unterrichtszeit ab. Das mache ich nicht, weil es zu aufwendig ist.
Sind Laptops und mobile Endgeräte notwendig, um zeitgemäßen Unterricht zu machen?
Ganz schwierige Frage – also, es ist absolut notwendig, dass wir sie in den Unterricht integrieren. So können wir den Schülern zeigen, wie man sinnvoll damit umgehen kann, auch über das Spielen hinaus. Meiner Meinung nach, sind für einen zeitgemäßen Unterricht elektronische Geräte aber nicht unbedingt notwendig. Mathematik könnte man auch ohne unterrichten, aber nicht aufs Leben vorbereiten! Alle Schüler werden später damit arbeiten müssen. Deshalb muss sich Schule insofern verändern, dass wir besser auf das vorbereiten, was die Schüler hinterher erwartet, egal ob sie in einen Ausbildungsberuf gehen oder in ein Studium.
Ist das mit der HPI Schul-Cloud möglich?
Die HPI Schul-Cloud kann eine Möglichkeit sein, das niederschwellig umzusetzen. Aber es ist kein Garant dafür, dass wir zeitgemäß unterrichten. Die HPI Schul-Cloud ermöglicht mir eher Filme oder interaktive Arbeitsblätter zu integrieren. Sie macht es normaler, einfach mal zwischendurch einen Laptop oder Tablet zu benutzen. Ich kann ganz einfach irgendwelche Daten bearbeiten oder einen Text verfassen.
Zum Beispiel?
Im Chemieunterricht haben die Schüler Experimente mit verschiedenen Säuren gemacht. Die Schüler haben pH-Werte bestimmt und Titrationskurven gemacht. Jeder konnte seinen Datensatz gleichzeitig in ein gemeinsames Dokument schreiben. So hatte jeder gleich alle Daten. Das ist ein absoluter Gewinn, denn sonst hätten wir das erst auf der Tafel sammeln müssen, damit alle es abschreiben können.
Auf dem Pilotschultreffen am Hittorf-Gymnasium treffen Sie sich mit anderen Lehrern, um die HPI Schul-Cloud mitzugestalten. Was ist Ihnen besonders wichtig?
Ein Vorteil der HPI Schul-Cloud ist die Kommunikation mit den Schülern – von zu Hause, also in Abwesenheit des Lehrers. Ich glaube, dass man sich darauf fokussieren sollte. Eine Cloudlösung ist auch dann spannend, wenn man nicht im gleichen Raum sitzt.
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